Das Fraunhofer-Projektzentrum ist örtlich und organisatorisch in die Open Hybrid LabFactory (OHLF) integriert, einer von neun BMBF-geförderten öffentlich-privaten Partnerschaften für Innovationen, den sog. Forschungscampi. Die »OHLF« wurde im Jahr 2012 unter der Federführung des Niedersächsischen Forschungszentrums Fahrzeugtechnik (NFF) der TU Braunschweig initiiert und ermöglicht unter ihrem Dach die Zusammenarbeit der TU Braunschweig und der Fraunhofer-Gesellschaft auf Forschungsseite sowie, neben Volkswagen, mehrerer namhafter Unternehmen auf Industrieseite. Dieser sogenannte LeichtbauCampus »OHLF« gilt in Deutschland als einer der führenden Adressen, bei der im Rahmen eines neuartigen Kooperationsmodells Wissenschaft und Industrie auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Hier werden neue Technologien und Verfahren im Zusammenspiel von Experten entwickelt und auf Marktfähigkeit und ökonomische Nachhaltigkeit erprobt.
Die vier unten genannten Fraunhofer-Institute bündeln ihre Kompetenzen und arbeiten anwendungsorientiert im Rahmen des Fraunhofer-Projektzentrums Wolfsburg, sowie innerhalb der »OHLF«, an gemeinsamen Themen und Fragestellungen. In institutsübergreifenden Teams arbeiten die Forschenden aus komplementären Fachbereichen an aktuellen und zukünftigen Fragestellungen der Automobilindustrie. Zwei Beispiele für diese interdisziplinäre Zusammenarbeit innerhalb des Projektzentrums sind die Projekte »futureFlexPro« und »CoolBat«. Neben der einmaligen Infrastruktur ist die gemeinsame Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden aus anderen Forschungseinrichtungen auf dem OHLF-LeichtbauCampus ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal und ermöglicht die Bearbeitung von Projekten wie »LCT« und »TechnoHyb«.
Zudem gibt es auch eine enge Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Projektzentrum für Energiespeicher und Systeme ZESS in Braunschweig. Gemeinsam werden intelligente Lösungen für die Fahrzeugintegration der Batterie der nächsten Generation erarbeitet. Dazu gehören deren Produktion sowie die Entwicklung entsprechender Komponenten, die sich aus dem Einsatz alternativer Antriebe ableiten.
Die Errichtung des Fraunhofer-Projektzentrum Wolfsburg wurde aus Landesmitteln des »Niedersächsischen Vorab« gefördert (VWZN2990).
Die Forschungsschwerpunkte am Standort Wolfsburg befassen sich im Wesentlichen mit neuartigen Leichtbautechnologien auf metallischer Basis. Dafür steht im Technikum eine neuartige Niederdruckgießanlage für industrienahe, angewandte Forschung zur Verfügung. Die Anlagentechnik bietet eine Innovation für das Niederdruckgussgießen; sie ermöglicht sowohl das konventionelle Schmelzen und Vergießen von Aluminium als auch von hochschmelzenden Metallen wie Kupfer. Im Fokus der Forschung stehen aktuell verschiedenste Technologie-Ansätze. Beispiele sind der Verbundguss zur Integration metallischer Strukturen und Profile (aus Aluminium oder Stahl) direkt in das Gussbauteil, die Kombination der Prozesse Niederdruckguss mit artfremden Ur- oder Umformprozessen (z. B. Blechumformung oder Kunststoffspritzguss) oder die Herstellung gegossener Rotoren für elektrische Antriebe. Die neuartigen Möglichkeiten zum Gießen von Kupfer im Niederdruckguss bieten ganz neues Potenzial zum Herstellen von Komponenten mit hoher thermischer und elektrischer Leifähigkeit – insbesondere für die elektrisch angetriebene Zukunft.
Das Fraunhofer IST erweitert die Expertise des Fraunhofer-Projektzentrum Wolfsburg um seine umfangreichen Erfahrungen im Bereich der Beschichtungstechnologien, insbesondere der Mikro- und Sensortechnologien mit der Entwicklung smarter Oberflächen. Mögliche Einsatzbereiche smarter Oberflächen finden sich im Interieur beispielsweise bei der Aufnahme von Vitalparametern der Insassen und Zustandsüberwachung des autonomen Fahrzeugs. Eine weitere Anwendung findet sich in der Fertigungstechnik durch werkzeugintegrierte Sensoren für eine intelligente Prozessführung. In enger Anbindung an das Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik IWF der TU Braunschweig befindet sich ein frei verkettetes Produktionssystem im Aufbau, mit dem in der Startkonstellation funktionale Schichten und oberflächenintegrierte Dünnschichtsensoren flexibel und effizient hergestellt werden können. Die geplante Einbindung in die Anlagentechnik der OHLF wird eine Erweiterung der Prozesse zur Funktionalisierung und Individualisierung von Bauteilen aus klassischen Fertigungsverfahren erlauben.
Das Fraunhofer IWU forscht im Fraunhofer-Projektzentrum Wolfsburg an werkstofflichen und produktionstechnischen Lösungen für die Mobilität der Zukunft. Leichtere Werkstoffe und die Kombination neuer Materialien, verknüpft mit angepassten und neuen Fertigungstechnologien, ermöglichen neue Fahrzeugkonzepte, Leichtbaulösungen sowie die zusätzliche Integration von Funktionen. Im Rahmen der »OHLF« entwickelt das Fraunhofer IWU Produktionsprozesse für innovative Werkstoffe und hybride Bauteile. Beispiele dafür sind die kostenoptimierte Fertigung faserverstärkter thermoplastischer Halbzeuge auf einer Kalander-Direktimprägnieranlage oder der sogenannte One-Tool-Prozess, bei dem der Spritzguss-Druck genutzt wird, um simultan Bleche umzuformen und Hinterschnitte zu erzeugen. Im Fokus steht immer die gesamte Prozesskette ‒ von der Idee, der Konstruktion und Simulation über die Werkzeugherstellung bis hin zur Prüfung und dem Recycling, um eine ganzheitliche industrielle Lösung anzubieten.
Die Forschungsschwerpunkte am Standort Wolfsburg befassen sich im Wesentlichen mit neuartigen Leichtbautechnologien auf Basis nachwachsender Rohstoffe. Naturfaserverbundwerkstoffe bzw. Bauteile auf Basis nachwachsender Rohstoffe (Spritzguss, Naturfaserformpressteile) finden im Automobilbereich (PKW, Nutzfahrzeuge) ein immer größer werdendes Einsatzspektrum. Die Anforderungen an diese Produkte hinsichtlich der Emissionen an flüchtigen organischen Stoffen (VOC) und geruchsrelevanten Stoffen sowie deren mechanischen Eigenschaften nehmen stetig zu. Das Fraunhofer WKI entwickelt Ansätze zur Produktion emissions- und geruchsarmer Naturfaserverbundwerkstoffe bzw. Interieur-Bauteilen für den Automobilbereich. Zum Einsatz kommt u. a. eine Doppelgreifer-Webmaschine, um herkömmliche und nachhaltige Materialien wirtschaftlich effizient und technisch komplex so zu kombinieren, dass gleichzeitig die Anforderungen hinsichtlich mechanischer Bauteileigenschaften erfüllt werden. Darüber hinaus können leitfähige Garne oder Drähte, die als Sensoren oder Leiterbahnen dienen, direkt in das Gewebe integriert werden.